Lothar Baumann
16.07.1931–03.09.2019
Das Porträt:
Lothar Baumann - Landwirt mit Leib und Seele
Aus "Der Lüdersdorfer", 3. Jahrgang/Oktober 2006/Nr. 3
von Jörg Roschlau
Alle 14 Tage fährt der 76-jährige Lothar Baumann mit dem Fahrrad oder dem Auto von Trebbin nach Lüdersdorf zum Rentner-Bowlen. Es ist gleichzeitig ein Treffen mit Weggefährten und Arbeitskameraden, die seinen Lebensweg im Dorf begleiteten.
Lothar Baumann wohnte und wirkte viele Jahre in Lüdersdorf. Seine Familie gehörte zu den vielen, die nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Heimat verlassen mussten. Weihnachten 1945 aus Graudenz/Polen ausgebürgert, ging er über Neuruppin nach Berlin in die neue Heimat. Lothar Baumann entdeckte sein Herz für die Landwirtschaft. In Oranienburg besuchte er 1948/49 eine Landwirtschaftsschule. Zu dieser Zeit arbeitete er im Volkseigenen Gut in Markee bei Nauen. Er machte nicht nur seine Arbeit, sondern gestaltete sein gesellschaftliches Lebens aktiv mit. Am 1. Mai 1949 trat er der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD) bei.
Seine Willenskraft und seine Zielstrebigkeit halfen ihm, in die Spuren seiner Großeltern und Eltern zu treten, die schon immer Bauern mit Leib und Seele waren. Diese Tradition wollte er fortsetzen.
Um seine landwirtschaftlichen Fertigkeiten zu vervollkommnen, nutzte er 1951/52 die Möglichkeit eines Fernstudiums zum staatlich geprüften Landwirt.
Als junger Mann übernahm er gleich danach eine Aufgabe im Rat des Kreises Luckenwalde, Abteilung Landwirtschaft. Das sollte nicht von langer Dauer sein. Fähige Landwirte mussten an die Spitze der neu gebildeten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften.
Genau am 26. April 1959 stand Lothar Baumann vor dieser Herausforderung. Er wurde vom Rat des Kreises als LPG – Vorsitzender in Lüdersdorf eingesetzt.
Der Anfang war nicht leicht. Es gab keinen Kuh- und keinen Schweinestall. Ein Kuhbestand von 120 Tieren war zu jeweils 12-15 Kühen verteilt in kleinen Ställen der Bauern untergebracht. Unter Leitung von Lothar Baumann wurden 924 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, davon 366 ha Grünland, bewirtschaftet. In der Folgezeit kam eine intensive Schweineproduktion hinzu. So gab es acht Ställe im Ort. In Eichenhof entstand eine Hühnerproduktion.
1969/70 änderte sich die LPG-Typen-Bezeichnung und eine Abteilung Pflanzenproduktion kam hinzu, deren Leitung Lothar Baumann übertragen wurde.
Nach nur zwei Jahren entstand eine Groß-LPG mit den Dörfern Klein-Schulzendorf, Wiesenhagen, Kliestow und Lüdersdorf. Es kam zu einer Trennung der Produktionsbereiche. Die Kooperative Abteilung Pflanzenproduktion leitete Wolfgang Meyer. Die LPG-Tierproduktion, sie hatte zeitweilig den Namen „Morgenrot“, leitete Lothar Baumann.
In diesen Jahren wurde für Lüdersdorf viel erreicht. Teilweise war man der Zeit voraus. Um den Ort wurde in den Jahren 1963/64 der Wegebau verbessert, so auch die sogenannten Kap-Wege. Die Grünlandbewirtschaftung verbesserte die Tierhaltung wesentlich. Ebenso die modernisierte Entwässerung des großen Luchs, die 1963-1968 Thema der Diplomarbeit zum Landwirt von Lothar Baumann war.
Mit den Fortschritten in der Arbeit der LPG verbesserte sich das soziale Leben im Dorf. So erinnert sich Lothar Baumann gerne an einen der ersten Betriebsausflüge 1962 nach Dresden mit Dampferfahrt auf der Elbe. Oder an das Pfingstreiten im Jahr 1959 in alter Tradition, als er den „Reiterhauptmann“ darstellte.
Beruflich voll ausgelastet, übte er zusätzlich die Funktion des Kreisvorsitzenden der Bauernpartei aus und war bis 1986 Kreistagsabgeordneter seiner Partei.
Eine große Aufgabe erfüllte Lothar Baumann, bevor er 1992 aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand ging. Er half mit, die Agrargenossenschaft in Klein-Schulzendorf aufzubauen. Hier war er für den Abschluss der Pachtverträge mit den einzelnen Bauern der Dörfer mitverantwortlich.
Wenn Lothar Baumann sich seiner Lebensgeschichte erinnert, betont er immer wieder, dass er bei all den Erfolgen und auch den Schwierigkeiten seines Lebensweges nie allein war. Er konnte sich auf seine Ehefrau und seine Familie stützen und sich auf seine Weggefährten verlassen: die Kollegen der „ersten Stunde“, wie z.B. Siegfried Spiesecke, Willi Ulm, Emmi Schulze, Ehard Pienz, Horst Schulze, Manfred Lehmann und Wolfgang Meyer, Landwirte mit Leib und Seele wie er. Mancher von ihnen ist heute noch dabei, wenn sich die Rentner in Lüdersdorf zum Bowling treffen.
Pfingstreiten 1959; Lothar Baumann als Pfingsthauptmann hoch zu Ross
Lothar Baumanns letzte Ruhestätte auf dem Trebbiner Friedhof
Ein Arbeitstag im Schweinestall. Ab 1959–1969 war Lothar Baumann Vorsitzender der LPG Typ III.
Lothar Baumann wohnte in der Zeit von 1959 bis 1970 in Lüdersdorf (Im Rundling 16, Haus 20), dann Umzug nach Trebbin.